Die Gemeinde Hürtgenwald hält beharrlich an der Notwendigkeit zur Erstellung eines Flächennutzungsplanes und an der Ausweisung der drei vorgesehenen Vorrangflächen zur Windenergienutzung fest. Das wesentliche Element, durch den Flächennutzungsplan die Planung selber steuern zu können und in der Regel eine Ausschlusswirkung für die übrigen Flächen der Gemeinde zu erwirken, ist im Wesentlichen richtig, wenn diie Standortuntersuchung rechtssicher ist. Ist sie es nicht ist der Flächennutzungsplan ungültig und die Ausschlusswirkung geht verloren.

In ihrer Standortuntersuchung schreibt das planende Büro VDH Projektmanagement GmbH:

"Die Gemeinde Hürtgenwald hat im Flächennutzungsplan bereits zwei Konzentrationszonen für die Windenergie ausgewiesen. Durch diese wird ggf. die oben genannte Ausschlusswirkung für das gesamte übrige Gemeindegebiet erreicht. Die Gemeinde verfolgt das Ziel, im Gemeindegebiet weitere Windenergieanlagen anzusiedeln und so die regenerativen Energien zu fördern. Da die bestehenden Konzentrationszonen bereits „vollgelaufen“ sind, wird vor diesem Hintergrund die Ausweisung weiterer Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan erforderlich. Hierzu muss eine Untersuchung des gesamten Gemeindegebietes erfolgen, um geeignete Standorte für die Windenergie zu finden. Dabei muss sich das neue Konzept auf einheitliche Kriterien stützen, auf deren Basis auch eine Überprüfung der bereits ausgewiesen Zonen erfolgen muss."

Dies bedeutet das es keine Notwendigleit von Seiten des Gesetzgebers gibt weitere Flächen auszuweisen, da man bereits der Windenergie mit zwei Konzentrationszonen Raum gegeben hat. Die Notwendigkeit basiert alleine wirtschaftliches Interessen und auf das Betreiben der Gemeinde.

 

Dabei scheint man jedoch das eigentliche Ziel der Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes entgegenzuwirken, nun aus den Augen verloren zu haben, vermutlicherweise nicht zuletzt dadurch, dass man sich von Seiten der Gemeinde über die aktuelle Rechtslage nicht im Klaren ist. Dies scheint auch für den Windenergieerlass vom 11.07.2011 des Landes NRW zu gelten, welcher die Grundsätze für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen aufgestellt hat. Diese sind angesichts der kommunalen Planungshoheit jedoch unverbindliche Empfehlungen, die trotzdem zuweilen das Genehmigungsverfahren prägen (vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)).

 

Außerdem stellt der § 249 Abs. 1 BauGB die Unschädlichkeit der Ausweisung von zusätzlichen Konzentrationszonen für das bestehende gesamträumliche Grundkonzept eindeutig klar. Die Gemeinde kann sich also auf die Darstellung der zusätzlichen Flächen beschränken und muss nicht in einen neuen Gesamtabwägungsprozess, der auch die bestehenden Flächen einschließt, einsteigen [EZB Rn 7, 9 zu § 249 BauGB]. Zusätzlich besteht auch die Möglichkeit einen räumlichen Teilflächennutzungsplan zu erstellen, der  insbesondere für die Ausweisung zusätzlicher Konzentrationszonen in Betracht kommt, wenn bereits mit einer früheren (und weiterhin gültigen) Erstausweisung ein Konzept und somit eine Ausschlusswirkung für das gesamte Gemeindegebiet vorliegt. Die Gemeinde möchte aber einen erneuten Gesamtabwägungsprozess durchführen, in der sie die "alten" Konzentrationszonen zurücknimmt und diese ihre Ausschlusswirkung verlieren.

 

Außerdem ist es mitnichten so, dass ohne entsprechenden Flächennutzungsplan Windkraftanlagen ohne Einfluss der Gemeinde beliebig errichtet werden dürfen. Hier hat die Gemeinde die gesetzliche Verpflichtung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens Belange des Umweltschutzes und der Landschaftspflege zu berücksichtigen und die Zulassung durch das Geltendmachen von öffentlichen Belangen im Einzelfall zu steuern.

 

Um Klarheit in die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu bringen, fassen wir diese weiter unten zusammen. Die Aspekte, die als Begründung für die Freihaltung der Konzentrationszone am Rennweg relevant sind, sind rot gekennzeichnet.

 

Zusammenfassend lässt sich also feststellen:

  • Es besteht keine gesetzliche Notwendigkeit zu den bestehenden 2 Konzentrationszonen neue Zonen auszuweisen. Dies basiert nur auf Betreiben der Gemeinde.
  • Es besteht keine Notwendigkeit einen erneuten Gesamtabwägungsprozess durchzuführen, um zusätzliche Konzentrationszonen auszuweisen.
  • Es besteht keine Notwendigkeit die Konzentrationszone Rennweg im Flächennutzungsplan auszuweisen, um das Ziel der Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet zu erreichen.
  • Es gibt mehr als genügend rechtliche Gründe, das Gebiet nicht auszuweisen.

Rechtliche Rahmenbedingungen für die Errichtung von Windkraftanlagen

 

Die Anlagenerrichtung setzt an Land bei allen Anlagen über 50 m Höhe eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung voraus, die beim staatlichen Umweltamt zu beantragen ist. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach BImSchG konzentriert die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, insbesondere die Regelungen des Bauplanungsrechts (BauGB), des Bauordnungsrechts des jeweiligen Bundeslandes, des Naturschutzrechts (BNatSchG), Luftverkehrsrechts (LuftVG) und Straßenrechts (FStrG).

 

Rechtlich bindend ist neben den Gesetzen nur der derzeit gültige Landesentwicklungsplan, nicht zukünftige. Abzustellen ist auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Beschlusses der FNP-Änderung. Erlasse und Leitfäden haben nur empfehlenden Charakter.

 

I. Keine Vorrangflächen im Flächennutzungsplan (FNP)

Liegt keine planerische Steuerung über Vorrangflächen im Flächennutzungsplan (FNP) von den kommunalen oder regionalen Planungsträgern vor, besitzen Windkraftanlagen grundsätzlich eine baurechtliche Privilegierung (§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB). Sie können dem Außenbereich im Weg der Bauleitplanung zugewiesen werden, sind aber auch allein auf Grund der gesetzlichen Privilegierung möglich (BVerwGE 28, 148, 151). Eine Gemeinde ist dabei verpflichtet, die Belange des Umweltschutzes und der Landschaftspflege zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB). Sie kann dabei die Zulassung von Windenergieanlagen im Rahmen der Anwendung des Geltendmachens von öffentlichen Belangen (§ 35 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 BauGB) im Einzelfall steuern. Zu den öffentlichen Belangen zählen, wenn das Bauvorhaben:

  • den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
  • den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
  • schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
  • unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
  • Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet (VG Aachen 07.05.2012 6 K 1140/10),
  • Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
  • die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
  • die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.

 

·         II: Bestehende Vorrangflächen im FNP

  • § 249 Abs. 1 BauGB legt die Unschädlichkeit der Ausweisung von zusätzlichen Konzentrationszonen für das bestehende gesamträumliche Grundkonzept eindeutig dar. Der Planungsträger kann sich also auf die Darstellung der zusätzlichen Flächen beschränken und muss nicht in einen neuen Gesamtabwägungsprozess, der auch die bestehenden Flächen einschließt, einsteigen [EZB Rn 7, 9 zu § 249 BauGB].
  • Ein räumlichen Teilflächennutzungsplan kommt auch für die Ausweisung zusätzlicher Konzentrationszonen in Betracht kommt, wenn bereits mit einer früheren (und weiterhin gültigen) Erstausweisung ein Konzept und somit eine Ausschlusswirkung für das gesamte Gemeindegebiet vorliegt. Innerhalb dieses Teilflächennutzungsplanes und des betrachteten Gebietes gelten die gleichen Bedingungen wie unter Punkt III. Außerhalb bleibt die bestehende Ausschusswirkung erhalten.

 

III: Gesamte Neuplanung von Vorrangflächen im FNP

Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (seit 01.01.1997) besitzt die Gemeinde zudem die Möglichkeit des Planvorbehaltes durch die Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung (Vorrangflächen) im Flächennutzungsplan. Mit dieser Steuerungsmöglichkeit sollte einem Wildwuchs und insbesondere einer Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes entgegengewirkt werden (DStGB). Der Planungsvorbehalt umfasst folgende Aspekte:

  • Ausschlusswirkung gilt für andere potentiell geeignete Standorte
    • wenn der Regionalplan die Ausweisung der Vorranggebiete ausdrücklich mit einer Ausschlusswirkung für die übrigen Flächen verbunden hat
    • Ausnahmen:
      • vom Plangeber so nicht vorhergesehene (atypische) Fallkonstellationen (BVerwG)
      • gesamträumliches Planungskonzept der Gemeinde darf nicht in Frage gestellt werden
  • Die Windenergie muss sich auf Vorrangflächen gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen können (BVerwG 13.03.2003 - 4 C 4/02-), d.h.:
    • Fläche ist für den ausgewiesenen Zweck geeignet
    • keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse stehen entgegen
    • keine Alibi-Flächen zur Verhinderungsplanung
    • Schaffung von substantiellem Raum für die Windenergie
      • unabhängig von einer Prozentzahl
      • Grundlage: die tatsächlichen Verhältnisse im Planungsraum (BVerwG 118, 33, 47)
  • Es ist nicht erforderlich, sämtliche Flächen als Vorrangflächen auszuweisen, die nach objektiven Suchkriterien für die Windenergienutzung geeignet erscheinen (BVerwG, 118, 33, 37). Die Begründung der Nichtausweisung ist zulässig durch:
    • harte Tabukriterien: z.B. Windhöffigkeit, fachrechtliche Hindernisse (Artenschutz, Schutz besonderer Gebiete)
    • weiche Tabukriterien: z.B. Erholungsflächen, Landschaftsschutzgebiete, Landschaftsbild
      (BVerwG 15.09.2009 ZUR 2010, 96; VG Aachen 07.05.2012, 6 K 1140/10).
    • andere öffentliche Belange (Netzanschlusskosten, Erschliessungsaufwand)
    • Der Abwägungsspielraum steht offen, solange der Windenergieerzeugung noch ein substanzieller Raum verbleibt (BVerwG 15.09.2009 ZUR 2010, 96)
  • Schlüssiges gesamträumliches Plankonzept muss vorliegen, das
    • den gesamten Außenbereich der Gemeinde betrachtet und
    • den allgemeinen Anforderungen des Abwägungsgebotes (BVerwG 118, 33, 37) nach einheitlichen Kriterien (stufenweises Vorgehen, keine Bevorzugung eines Standortes) gerecht wird:
      1. Genaue Darlegung der harten und weichen Tabuzonen => Potenzialflächen
      2. Öffentliche Belange und ökonomische Aspekte => Konzentrationszonen
      3. Nachvollziehbare und schlüssige Dokumentation des gesamten Abwägungsvorgangs inkl. Begründungen für die positive Standortausweisung und das Freihalten des übrigen Planungsraumes (BVerwG 117, 287, 298)
      4. Vorlage der gesamten Unterlagen bei den Beschlussorganen
        (OVG Berlin-Brandenburg 24.02.2011, Az. 2A 2.09; VGH Hessen 17.03.2011, Az. 4 C 883.10)
    • Vollständige Ermittlung der als abwägungserheblich zu erkennenden Belange
      (OVG Koblenz 28.02.2008, 1 C 11131/07)
  • Nach dem „Volllaufen“ einer Vorrangfläche muss keine weitere mehr ausgewiesen werden (DStGB).
  • Waldgebiete dürfen nur für andere Nutzungen in Anspruch genommen werden, wenn die angestrebten Nutzungen nicht außerhalb des Waldes realisierbar sind und der Eingriff in den Wald auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt wird (LEP B.III.3.2:3.21). Grundsätzlich sollen im Wald die produktivsten (windhöffigsten) Flächen ausgewiesen werden (LEP).
  • Ausweisung zusätzlicher Flächen:
    • Werden in einem FNP zusätzliche Flächen für WKA ausgewiesen, folgt daraus nicht, dass die vorhandenen Darstellungen des FNP zur Erzielung der Ausschlusswirkung nicht ausreichend sind. (BauGB, §249 Abs. 1)

Bitte informieren Sie sich auch durch unsere Zusammenstellung von externen Informationen zu diesem Thema.